Juni – Sumpfgrille

 

Sumpfgrille (Pteronemobius heydenii) 

(Fischer, 1853)

Verbreitung in Deutschland: Die Sumpfgrille ist in ihrer Verbreitung auf den Süden Deutschlands beschränkt. Hier tritt sie vor allem in Baden-Württemberg auf, um am Bodensee über die bayerische Grenze zu treten. Weitere Vorkommen sind aus dem zentralen bayerischen Alpenvorland und aus dem Unteren Inntal im Osten Bayerns bekannt (Detzel 1998, Maas et al. 2002, Winterholler & Bierwirth 2003).

Verbreitung in Baden-Württemberg: P. heydenii hat in Baden-Württemberg zwei disjunkte Verbreitungsschwerpunkte. Zum einen kommt die Art am mittleren Oberrhein bis hin zu den in den Schwarzwald ziehenden Taleinschnitten vor und zum anderen wird das südliche Baden-Württemberg vom Hochrhein über das Bodenseegebiet bis hin zum Westallgäuer Hügelland besiedelt. Möglicherweise existieren in beiden Teilräumen weitere Vorkommen bzw. ist die Art weiter verbreitet, da sie sehr unauffällig und fast ausschließlich über ihren Gesang nachzuweisen ist (Detzel 1998).

Habitatansprüche: Die Sumpfgrille gilt an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze als sehr wärme- und gleichzeitig feuchtigkeitsbedürftig (Detzel 1998, Winterholler & Bierwirth 2003). Ihre Lebensräume müssen also, entweder über Exposition und Inklination oder über Lückigkeit, eine gewisse Wärmegunst besitzen und zudem durch Stauwasser oder Quellaustritte sehr feucht sein. In Oberschwaben werden diese Ansprüche in streugenutzten Hangquellmooren – vorzugsweise mit Sinterquellen – oder seltener in feuchten und lückigen Streuwiesen erfüllt. Im mittleren Schwarzwald werden ebenfalls bevorzugt einmal jährlich gemähte, quellfeuchte Talgründe in südlicher Exposition besiedelt (Meßmer 1995). Sowohl im Schwarzwald als auch in Oberschwaben kann P. heydenii außerdem auf extensiv mit Rindern beweideten, hängigen Flächen mit Quellaustritten vorkommen, da die Rinder diese Bereiche durch Verbiss und Vertritt offen halten. Allerdings werden auch deutlich dichtwüchsigere, sickerfeuchte Hangwiesen besiedelt, die teilweise nur sehr extensiv bewirtschaftet bzw. beweidet werden (Meßmer 1995, Winterholler & Bierwirth 2003). Einen außergewöhnlichen Lebensraum besiedelt die Sumpfgrille außerdem an der Argen: Rutschungen haben hier ebenfalls quellig-sandige Offenbereiche entstehen lassen, die von einer individuenreichen Population der Sumpfgrille besiedelt werden. Häufig sind es relativ kleinflächige und teilweise nur zufällig entstehende Strukturen wie Fahrspuren oder Trittstellen, die das von der Art benötigte Mikroklima gewährleisten (Detzel 1998).

Gefährdung/Schutz: RL BW: Stark gefährdet. P. heydenii ist in Baden-Württemberg aufgrund ihrer speziellen Habitatansprüche stark gefährdet. Baden-Württemberg hat außerdem eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Art (Detzel 1998). Lebensraumverluste erfährt die Art vor allem durch Aufgabe der traditionellen Bewirtschaftung (Streumahd) und anschließende Verbuschung. Die Sumpfgrille ist abhängig von einer regelmäßigen Nutzung ihrer Habitate. In streugenutzten Flächen (Streuwiesen und Hangquellmoore) sollte jährlich die Streumahd durchgeführt werden. Eutrophierungserscheinungen (Verkrautung und Verschilfung) kann durch einen zweiten Schnitt im Frühsommer entgegen gewirkt werden. Wichtig ist der Erhalt der lückigen und offenen Bestandsstruktur, vor allem im Bereich der Quellaustritte. Das Dogma der Vermeidung der Entstehung von Störstellen durch die Traktorreifen sollte nicht nur in Hinblick auf die Sumpfgrille, sondern auch in Hinblick auf weitere anspruchsvolle Arten der Streuwiesen wie Goldener Scheckenfalter oder Heilziest-Dickkopffalter überdacht werden. In von Rindern beweideten Gebieten sollte darauf geachtet werden, dass die Beweidung extensiv bleibt und nicht zu intensiv durchgeführt wird.

Eignung als Indikatorart: Die Sumpfgrille ist ein sehr guter Indikator für lückige Hangquellmoore und Streuwiesen sowie für Extensiv-Rinderweiden mit Quellhorizonten.

Quellen für diese Seite:

Detzel, P. (1998): Die Heuschrecken Baden-Württembergs. Eugen Ulmer (Stuttgart), 580 S.

Maas, S.; Detzel, P. & A. Staudt (2002): Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deutschlands – Verbreitungsatlas, Gefährdungseinstufung und Schutzkonzepte. Schriftreihe des Bundesamt für Naturschutz (BfN), Bonn – Bad Godesberg, 401 S.

Meßmer, K. (1995): Die Sumpfgrille (Pteronemobius heydenii FISCHER, 1853) in den Ortenauer Schwarzwaldtälern. – Articulata 10 (2): 177-184.

Winterholler, M. & G. Bierwirth (2003): Sumpfgrille – Pteronemobius heydenii (Fischer, 1853). In: Schlumprecht, H. & G. Waeber (Hrsg.): Heuschrecken in Bayern. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 157-159.

 Männliche Larve der Sumpfgrille Habitat der Sumpfgrille, ein Hangquellmoor Lückige Vegetationsstruktur und Quellaustritte Extensiv genutzte Rinderweide mit Quellaustritten als Habitat Sickerfeuchte, schwach beweidete Hangweide Natürliches Habitat der Sumpfgrille - Rutschhang an der Argen